Microsoft Teams: Die (traurige) Geschichte einer Einführung

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Microsoft Teams eben mal so einführen? Eine solche Haltung ist zum Scheitern verurteilt. Warum, musste Klaus M., Geschäftsführer eines mittelständischen Bauunternehmens, schmerzlich erfahren. Was er falsch gemacht hat und was er besser hätte tun sollen, zeigt diese fiktive Geschichte.

Im Frühjahr 2019 stolperte Klaus M., CEO eines mittelständischen Bauunternehmens mit mehreren Standorten, über folgende Nachricht im World Wide Web: „Zwei Jahre, 500.000 Unternehmenskunden und acht neue Features: Microsoft Teams feiert Geburtstag mit neuen Funktionen für mehr Inklusion, Interaktion und Sicherheit“. „500.000 Kunden. Wow! Nicht übel“, dachte er und las weiter. Er musste nicht lange scrollen, um den nächsten Trigger in der News-Meldung von Microsoft zu erhaschen: „Microsoft Teams verbessert seit zwei Jahren die Zusammenarbeit in Unternehmen.“ Drei Drehs am Rädchen seiner Computer-Maus später und dem Überfliegen der Funktionshighlights entschloss sich Klaus M., Microsoft Teams im Unternehmen einzuführen. „Endlich kann ich die vielen Reisekosten einsparen, die meine Mitarbeiter*innen für Meetings an unseren Standorten zuhauf produzieren“, überlegte M.

Fehler Nr. 1: Einführung von Microsoft Teams als reines IT-Projekt

Schon am nächsten Tag traf sich Klaus M. mit seinem IT-Leiter. Nur er wusste von seinen Plänen. Da Microsoft Office 365 im Unternehmen bereits im Einsatz war und Microsoft Teams nur noch aktiviert werden musste, sollte der IT-Leiter das möglichst rasch erledigen. Von einer Revolution für die Zusammenarbeit mit Microsoft Teams hatte M. gesprochen. Das klang ja vielversprechend.

Trotzdem hatte der IT-Leiter Bedenken: Ob die Einführung des Collaboration-Tools als rein technisches Infrastruktur-Projekt wohl ausreichen würde, um alle Mitarbeiter*innen mitzunehmen? Microsoft Teams war in seinen Augen nicht nur ein neues Tool, was man eben mal so installiert. Aber wenn Klaus M. von einer Sache einmal begeistert war, konnte ihn so schnell niemand bremsen. Gesagt, getan: Über die Aktivierung von Microsoft Teams wurden die Mitarbeiter*innen zwischenzeitlich lapidar per Rundmail informiert.

So geht’s richtig: Microsoft Teams als Change-Projekt etablieren

Was Klaus M. nicht bedacht hatte: Die Einführung von Microsoft Teams ist nicht bloß ein IT-Projekt. Die Nutzung des Collaboration-Tools verändert die Zusammenarbeit in Teams grundlegend (zum Beispiel gemeinsames Bearbeiten von Dateien) und hat Auswirkungen auf die Kommunikation in Projekten. Für Mitarbeiter*innen, die das nicht gewohnt sind und einer lokalen Laufwerkkultur anhängen, ist das absolutes Neuland. Sie sind gezwungen, lieb gewonnene Arbeitsgewohnheiten aufzugeben.

Microsoft Teams im Unternehmen zu etablieren ist deshalb ein Change-Projekt und sollte auch als solches angekündigt und umgesetzt werden! Zu den üblichen Widerständen von Endanwendern, die beim Erlernen eines neuen Tools auftreten können, kommt der kulturelle Aspekt hinzu. Plötzlich sind Werte wie Offenheit und Transparenz gefragt, die die jeweiligen Persönlichkeiten der Mitarbeiter*innen tangieren. Ein Sich-Einlassen auf neue Kommunikations- und Arbeitsweisen sowie das Loslassen gewohnter braucht Zeit, die Endanwender unbedingt bekommen sollten. Gewohnheiten, die sich über lange Zeiträume eingespielt haben, ändern sich nicht von heute auf morgen.

Vor allem in der Anfangszeit bieten sich Briefings für einzelne Arbeitsgruppen an, in denen Regeln für die Zusammenarbeit über das Tool vereinbart werden:

– Welche Funktionen werden für welchen Zweck und wie oft genutzt?
– Wie verläuft die Kommunikation innerhalb des Teams, auch in Abgrenzung zu Externen?
– Wann informiere ich Einzelne, wann das ganze Team?

Fehler Nr. 2: Keine Definition von Use Cases

Wozu wollen wir Microsoft Teams überhaupt nutzen und welchen Zielen soll sein Einsatz dienen? Wer nutzt das Tool und wie interagieren die Endanwender mit ihm? Zu diesen typischen Fragen eines Use Cases hatte Klaus M. bei seiner Internet-Recherche keinen Gedanken verschwendet. Was ihn interessierte, ließ sich in einem Satz sagen: Microsoft Teams ist eine Revolution der Zusammenarbeit. Als er dann noch von einer Studie las, nach der eine theoretische Firma mit 5.000 Nutzern mit Microsoft Teams über drei Jahre 30 Millionen Dollar einsparen könne, war es endgültig um ihn geschehen. An seine Mitarbeiter*innen, also diejenigen, die mit Microsoft Teams arbeiten sollten, dachte er erst einmal nicht.

So geht’s richtig: Use Cases für Microsoft Teams definieren

Ein Use Case beschreibt die Interaktionen zwischen Nutzern und einem System oder einem Tool, die notwendig sind, um ein bestimmtes Ziel der Nutzer zu erreichen. Wie bei anderen IT-Projekten braucht es auch bei der Einführung von Microsoft Teams eine Definition der Use Cases.

Zur Erstellung eines Use-Case-Szenarios sind folgende Schritte notwendig:

– Personas und Persona-Szenarien erstellen, um sich in die Lage der Anwender zu versetzen.
– Frage zur Erfassung des Use Cases: Welche Funktionalität muss mein System aufweisen, damit der Anwender sein Ziel erreicht?
– Use Case ausführlich beschreiben (Voraussetzungen, Erfolgsgarantie, minimale Gewährleistung).
– Use Case in Beziehung zum System und Anwender setzen.
– Anforderungen aus dem Use Case ableiten.

Bei der Pilotierung geht es um einen möglichst breiten Erkenntnisgewinn. Für Microsoft Teams stellt sich zum Beispiel die Frage, welche Mitarbeiter*innen wie miteinander kommunizieren. Bei zwei Abteilungen, die räumlich nicht getrennt sind, werden sich die Mitarbeiter*innen wohl eher face to face anstatt über einen Chat austauschen. Aus den Ergebnissen der Pilotierung lässt sich dann ablesen, welche Use Cases wirklich zu Microsoft Teams passen.

Fehler Nr. 3: Von Beginn an keine Governance

Kaum war Microsoft Teams aktiviert, begannen die Mitarbeiter*innen damit zu arbeiten. Einige Kolleg*innen beraumten für alles Mögliche ein Meeting an – dafür brauchte es ja nur ein paar Klicks. Dann gab es diejenigen, die für jedes noch so kleine Projekt gleich ein eigenes Team erstellten, ohne über die Sinnhaftigkeit dieses Schritts nachzudenken. Ein Fall war besonders kurios: Ein einzelner Mitarbeiter erstellte ein Team ganz für sich allein. Über die Philosophie hinter Microsoft Teams hatte er sich offensichtlich keinerlei Gedanken gemacht.

Rund drei Monate nach der Einführung von Microsoft Teams wurde das Chaos offensichtlich. Mittlerweile existierten so viele Teams und Kanäle, dass niemand mehr einen Überblick hatte. Einem Selbstbedienungsladen gleich fügten die Mitarbeiter*innen ihren Teams und Kanälen weitere Apps hinzu, mit der Folge einer immer weiter ausufernden Schatten-IT. Unzufriedenheit machte sich breit und die Beschwerden über das Tool häuften sich.

So geht’s richtig: Governance-Richtlinien für Microsoft Teams aufsetzen

Wer sich für Microsoft Teams entscheidet, sollte auch an eine entsprechende IT-Governance denken. Sie sorgt dafür, dass das Collaboration-Tool von allen effizient genutzt wird. Governance-Richtlinien beugen folgenden Risiken vor:

– Informations- und Datenwildwuchs
– Unsicherheit interner Daten
– Ineffiziente Funktionalität für die Nutzer

Eine Governance für Microsoft Teams sollte Fragen beantworten, wie beispielsweise: Wer darf neue Teams erstellen? Wer externe Zugriffe vergeben? Wie können Organisationen Zugriff und Eigentümerschaft verwalten?

Trotzdem sollten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Hürden zur Nutzung von Microsoft Teams nicht zu hoch sein. Sind die Governance-Richtlinien zu starr gefasst und müssen sie erst mit viel Aufwand nachvollzogen werden, erschwert das die Akzeptanz des Tools. Gerade bei den Kolleginnen und Kollegen, die bei Veränderungen grundsätzlich skeptisch oder ängstlich reagieren.

Fehler Nr. 4: Kein Vorleben von Seiten der Geschäftsführung

Durch das Chaos, das die fehlende Governance im Unternehmen hinterließ, nahmen nach und nach immer mehr Mitarbeiter*innen Abstand von Microsoft Teams. Sie nutzten es nur noch sporadisch und kehrten für die interne Projekt-Kommunikation wieder zur guten alten E-Mail zurück. Viele taten die Einführung von Microsoft Teams als überzogenes Panik-Projekt ab und versagten dem Tool ihre Zustimmung. Das lag auch daran, dass es im Unternehmen niemanden gab, den man bei Problemen mit der Nutzung des Tools hätte ansprechen können. Jeder musste sich allein damit zurechtfinden.

Hinzu kam, dass Klaus M. bei internen Angelegenheiten nach wie vor fast ausschließlich über E-Mail kommunizierte. Obwohl er Mitglied mehrerer Teams war, nutzte er das Collaboration Tool so gut wie nicht. Entsprechend fiel die Reaktion seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus: „Wenn der das Tool gar nicht selbst nutzt, warum sollten wir es dann tun?“

So geht’s richtig: Nutzung von Microsoft Teams vorleben und „Champions“ ausbilden

Wie jedes andere Change-Projekt, das an der etablierten Unternehmenskultur rüttelt, braucht es auch bei der Einführung von Microsoft Teams Vorbilder, die das Tool überzeugt anwenden und den Einsatz vorleben. Es reicht nicht, ein solches Tool nur einzuführen und zu erwarten, dass die Mitarbeiter*innen ihre Arbeitsweisen schon irgendwie anpassen werden.

Setzt das engere Arbeitsumfeld eines Endanwenders Microsoft Teams zur Zusammenarbeit nicht oder nur sporadisch ein, sehen letztlich auch die Endanwender keinen Grund, dies zu tun. Das Engagement von Führungskräften und auch der Geschäftsführung ist unverzichtbar, denn wenn Vorgesetzte über Microsoft Teams kommunizieren, erleichtert das auch den Endanwendern den Wechsel hin zu diesem Tool.

Unternehmen sollten außerdem dafür sorgen, dass es feste Ansprechpartner gibt, die in der Nutzung von Microsoft Teams geschult werden und den Mitarbeiter*innen ihr Wissen weitergeben. Die Ausbildung sogenannter „Champions“, die technisch affin sind, ist deshalb ein wichtiger Schritt bei der Einführung von Microsoft Teams. 

Klaus M. und sein ganz persönliches Change-Projekt

Es half alles nichts. Seit der Aktivierung von Microsoft Teams nahm die Unzufriedenheit in der Belegschaft rapide zu. Außerdem beschwerten sich nun auch vereinzelt Kunden, weil sich Arbeitsabläufe und Prozesse zunehmend schwerfälliger gestalteten. Mal wurden Kunden, die über einen Gastzugang Mitglied eines Teams waren, für ein Projekt per Chat angeschrieben, mal per E-Mail. Eine klare Linie in der Kommunikation gab es nicht. Klaus M. musste etwas tun, doch er wusste nicht was.

In seiner Not schrieb er seinen IT-Leiter an und bat um eine Besprechung – selbstverständlich per E-Mail. Dieser las Klaus M. die Leviten und drängte darauf, einen IT-Dienstleister zu engagieren, der sich mit Office 365 beziehungsweise mit Microsoft Teams auskannte und sich des Problems annahm. So kam es. Die beauftragte Firma sorgte unter anderem durch intensive Schulungen dafür, dass Microsoft Teams in der Belegschaft „ankam“. Jetzt war allen klar, wie das Collaboration-Tool genutzt werden sollte und wie nicht.

Und Klaus M.? Der saß bei allen Schulungen kleinlaut in der hintersten Reihe. Seine eigentliche Lektion, die er nun lernte, bezog sich weniger auf die Einführung von Microsoft Teams als vielmehr auf sein Führungsverhalten. Klaus M. schwor, bei größeren IT-Projekten zukünftig besonnener zu handeln und auch seine Mitarbeiter*innen nicht zu vergessen. So wurde aus dem Einführungsprojekt zu Microsoft Teams sein ganz persönliches Change-Projekt.


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